Mehrwertsteuer für Silbermünzen
Seit Jahren hielt sich das Gerücht, seit Jahren wurde es nie allzu ernst genommen - doch jetzt wurden Fakten geschaffen: Bundestag und Bundesrat haben sich auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Silbermünzen geeinigt. Ab dem Jahr 2014 wird für Maple Leaf, American Eagle und Co. der gleiche Steuersatz fällig wie für Silberbarren - satte 19 Prozent schlägt der Fiskus drauf.
Die Entscheidung für die Steuererhöhung ist in dieser Woche fast unbemerkt geblieben, nachdem der Aufschlag bei der Mehrwertsteuer im so genannten "Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie" sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften versteckt wurde - in diesem Dokument wird der Begriff "Silber" überhaupt nicht erwähnt, stattdessen ist von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken die Rede.
Trotzdem kommt die Mehrwertsteuererhöhung für Silbermünzen zum Jahreswechsel 2013/2014. Der Hintergrund: Die Europäische Kommission hat das deutsche Bundesfinanzministerium aufgefordert, die deutschen Vorschriften im Zusammenhang mit der Umsatzbesteuerung des Kunsthandels zu ändern, da diese gegen das zwingende europäische Recht verstoßen. Und tatsächlich ergab eine Prüfung des Ministeriums, dass der Anwendungsbereich des ermäßigten Mehrwertsteuersatz für den Handel mit Kunstgegenständen einschränkt werden müsse. Die EU hatte Deutschland mit Vertragsverletzungsstrafen von bis zu 100.000 Euro pro Tag gedroht und bereits im Februar 2012 gefordert, den vollen Mehrwertsteuersatz von derzeit 19 Prozent auf Kunstgegenstände zu ergeben. Die Begründung: Die Mehrwertsteuerentlastung in Deutschland sorgte bisher für Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsstaaten.
Also wurde durch eine Hintertür im Gesetzestext auch die Mehrwersteuererhöhung für Silbermünzen durchgedrückt - denn das Gesetz bezieht sich nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auf die Lieferung, den Erwerb und die Vermietung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken innerhalb der Europäischen Union - und zu den Sammlungsstücken gehören nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums auch Briefmarken und Münzen.
Die Entscheidung von Bundestag und Bundesrat hat drastische Auswirkungen für Edelmetallanleger: Beispiel: Eine Silberunze Maple Leaf, die heute netto 17,94 Euro Euro und brutto 19,20 kostete, wäre im Jahr 2014 bei gleichem Silberpreis wie heute für 21,35 Euro zu haben (Stand: 19.06.2013; Silberpreis: 21,57 USD bzw. 16,10 EUR). Dies entspräche einem Aufgeld von 2,15 Euro pro Münze durch die kommende Mehrwertsteuererhöhung um 12 Prozentpunkte.
Der volle Mehrwertsteuersatz war bisher auch ein Grund, warum viele Anleger keine Silberbarren sowie Platin- und Palladiummünzen kauften - alle genannten Produkte wurden bereits mit 19 Prozent besteuert, nur für Silbermünzen galt der Mehrwertsteuer-Rabatt.
Nun steht also fest, dass in weniger als sechs Monaten dieses Steuerprivileg fällt - und viele Anleger haben bereits reagiert: Sie decken sich verstärkt mit Silbermünzen ein, besonders beliebt sind die Unzenmünzen aus Kanada (Maple Leaf ), den USA (Silver Eagle) und Mexiko (Libertad). Außerdem erfreuen sich Silbermünzen im XXL-Format besonderer Beliebtheit: Aus Australien kommen Silbermünzen (z. B. 1 kg Kookaburra) mit einem Gewicht von einem Kilogramm. Diese werden wegen ihres offiziellen Status als Münze zum niedrigen Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent verkauft und eignen sich vor allem für das Investment in größere Silbermengen. Aus steuerlicher Sicht sind zudem sogenannte Münzbarren interessant - hier wurden auf Silberbarren, beispielsweise von den Cook Islands, einfach Münzprägungen aufgetragen, um die Barren offiziell als Zahlungsmittel bzw. Münzen auszuweisen und in den Genuss der Mini-Mehrwertsteuer zu kommen.
Mit der Abschaffung der niedrigen Mehrwertsteuer bei Silbermünzen verlieren deutsche Anleger ein Steuerprivileg, welches im europaweiten Vergleich durchaus aus der Reihe fiel - in Österreich werden ausnahmslos 20 Prozent auf den Preis der Silbermünzen draufgeschlagen, in Finnland sind es 22 Prozent und in Slowenien 20 Prozent.
Das Ende des Mehrwertsteuervorteils wird die Nachfrage nach Silbermünzen voraussichtlich im Jahr 2013 weiter befeuern - aktuell könnten einige Gründe für eine Rückkehr von Silber zu alter Stärke sprechen. So lag beispielsweise die Relation zwischen dem Goldpreis und Silberpreis, die jahrhundertelang zwischen 1:15 und 1:20 rangierte und aktuell bei ca.1:60 liegt (der Wert einer Goldunze entspricht hierbei dem Wert von 60 Silberunzen) – Silber müsste also ein Vielfaches des aktuellen Preises kosten, wenn es sich an die frühere Bedeutung als kleiner Bruder des Goldes annähert.
Es ist anzunehmen, dass die Produktvielfalt der Silberanlageprodukte 2014 durch die einheitliche Mehrwertsteuer rückläufig sein wird. Einige Sonderprodukte wie Cook Islands Münzbarren oder Münzstangen, die im Grunde nur aus der unterschiedlichen Besteuerung hervorgegangen sind, werden ab 2014 aller Voraussicht nach an Bedeutung verlieren.
Tendenziell könnte sich ab 2014 das Anlageverhalten zugunsten von dem noch von der Mehrwertsteuer befreiten Gold verlagern. Für Anleger bleibt Silber aber weiterhin als bedeutender Rohstoff für Industrie und Wirtschaft ein attraktives Anlageprodukt mit historisch monetärem Charakter. Anleger, die bereits in Silber investiert sind, könnten nach der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuererhöhung vom Verkauf auf dem Sekundärmarkt profitieren, da sich dieser oft an dem sogenannten Mittelwert (An- und Verkaufspreise der Händler) orientiert und sich dieser Mittelwert bedingt durch die Mehrwertsteuererhöhung ebenfalls erhöht.
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